• Leidenschaft Laufen
Grundschul-Leiterin Elvira Flaschin gehörte zu den Besten und kann es bis heute nicht lassen
Döbeln. Ohne Sport kann sich Elvira Flaschin ihr Leben nicht mehr vorstellen. Es gab mal eine Zeit, da sei sie „richtig faul gewesen“. Doch längst hat die Grundschul-Leiterin das Lauffieber wieder gepackt. An diesem Sonnabend tritt sie bei der Sachsenmeisterschaft im Göltzschtal bei Lengenfeld im Halbmarathon an.
Ihre Gedanken werden – zumindest ab und zu – trotzdem in Döbeln sein. Denn in der Heimatstadt kämpfen zur gleichen Zeit die Bundesliga-Floorballer gegen den Abstieg. Elvira Flaschin verpasst ungern ein Heimspiel des Unihockey-Clubs. „Ich leide immer mit. Vielleicht gewinnen sie ja, wenn ich mal nicht zuschaue“, sagt die Sportsfrau lächelnd.
An der Grundschule Am Holländer leitet die 52-Jährige seit vielen Jahren die Arbeitsgemeinschaft Unihockey. In der trainiert sie die Erst- bis Viertklässler und freut sich, wenn der eine oder andere den Sprung zum aktiven Vereinsspieler schafft. „Es macht schon stolz, zu sehen, wie Schützlinge von einst jetzt in der Bundesliga oder bei Weltmeisterschaften spielen.“ Selbst spielt Flaschin Unihockey immer Freitagabend in der Gruppe der Nichtaktiven. „Da merkt man erst einmal, was das für eine schwere und schnelle Sportart ist.“
Von Ackermann springen gelernt
Doch ihr macht das nichts aus. Sie hat sportlichen Biss – schon seit der Kindheit. „Bis zur zweiten Klasse war ich total unsportlich“, gesteht die Döbelnerin. Doch dann wollte sie es wissen. Aufgewachsen in Cottbus, versuchte das Mädchen Elvira beim dortigen Sportclub als Leistungssportlerin Fuß zu fassen. Es gelang. Die Mittelstreckenläuferin schaffte es in der 800-Meter-Distanz auf die DDR-Bestenliste der ersten Zehn. „Ich habe durch den Leistungssport als Jugendliche viel verpasst. Tanzstunden oder Disco waren passé. Es war trotzdem eine schöne Zeit“, erinnert sich Flaschin zurück. Noch heute schwärmt sie von den einstigen Idolen. Mit Gunhild Hoffmeister, die 1972 in München und 1976 in Montreal Olympia-Silber über 1500 Meter holte, trainierte sie in einer Laufgruppe. „Rosemarie Ackermann hat mir gezeigt, wie man Wälzer springt.“ Und dann fügt Flaschin noch für alle Laien hinzu: „Ackermann war die erste Hochspringerin der Welt, die die Zwei-Meter-Marke geschafft hat.“
1974 verlässt sie den Leistungskader des SC Cottbus und beginnt am Institut für Lehrerbildung ein vierjähriges Studium zur Grundschullehrerin. Neben den Hauptfächern Deutsch und Mathe ist natürlich Sport das Wahlfach, in dem sie noch heute gern unterrichtet. Über die Stationen Buchheim bei Doberlug-Kirchhain und Böhrigen kommt Elvira Flaschin 1986 nach Döbeln. Sie arbeitet als Horterzieherin an der Schlossbergschule, Sohn Robert wird geboren und nach dem Babyjahr leitet sie den Hort der Clara-Zetkin-, heute Holländer-Schule. Schließlich der Wiedereinstieg als Grundschullehrer und berufliche Ambitionen. „Es hieß immer, ohne Abitur keine Schulleiter-Funktion. Deshalb habe ich in der Abendschule das Abitur nachgeholt“, erzählt die Pädagogin. In den Fächern Physik, Englisch und Russisch halfen ihr Kollegen. „Heute staune ich selbst, wie das neben dem Job alles zu meistern war.“ Die Erfahrungen der Abendschule möchte sie aber nicht missen: „Da hieß es Hausaufgaben machen, Tests schreiben oder sich auf Prüfungen vorbereiten – all jene Dinge, mit denen man sonst als Lehrer die Schüler nervt.“ Das Abitur in der Tasche, wird Elvira Flaschin Leiterin der Grundschule Am Holländer. „Im zweiten Leben werde ich Umzugs-Managerin“, sagt sie verschmitzt mit Blick auf die drei Umzüge, die sie und ihr Team beim Bau des Schulzentrums auf Trab hielten. Doch die Kollegen „sind top“ und so wird auch das bewältigt.
Während Flaschin eine sportliche Pause einlegte – die „faule Zeit“ – kommt sie durch den Vater eines Schülers zurück zum Laufen. „Mit dem Technitzer Kuchenlauf fing es wieder an. Warum quälst du dich den Kirschberg hoch?“, fragte ich mich anfangs. Inzwischen ist Laufen ihre Leidenschaft Nummer eins. Das Neue: Jetzt sind es die langen Strecken. Sie hat den Rennsteig-Marathon geknackt, mehrere Male den Sachsencup gewonnen, ist bei der Mittelsächsischen Lauftour als Aktive oder Organisatorin dabei und hat noch immer sportliche Ziele: „Triathlon reizt mich.“
Von Udos Songs angesteckt
Live-Konzerte und Bücher sind Flaschins Leidenschaften Nummer zwei und drei. Demnächst geht es zu AC/DC nach Dresden. Erlebt hat sie zum Beispiel schon Phil Collins, Westernhagen oder Udo Lindenberg. „Eigentlich bin ich kein Lindenberg-Fan. Doch live ist live. Bei dem Konzert habe ich ganz vorn an der Bühne gestanden. Da wird man unweigerlich angesteckt.“
Olaf Büchel Döbelner Allgemeine Zeitung (27.03.2010)